2000 - 1. Europäische Quilt-Triennale Textilmuseum Max Berk Heidelberg, Deutschland

Textilmuseum Heidelberg
27. Februar - 28. Mai 2000

Katalog

Textilmuseum Heidelberg

Zum ersten Mal veranstaltet das Textilmuseum Max Berk in Heidelberg die Europäische Quilt- Triennale, deren Wettbewerbsergebnisse vom 27. Februar bis 28. Mai 2000 in Heidelberg zu sehen sind. Das Museum zählt durch die von Doris Winter 1984 ins Leben gerufene Quilt-Biennale zu den Mitbegründern der deutschen Quilt-Szene und hat an deren Entwicklungin der Vergangenheit maßgeblich Anteil gehabt. Darüber hinaus haben die sieben erfolgreich durchgeführten Biennalen in den letzten 15 Jahren entscheidend zu dem internationalen Renommee des Textilmuseums beigetragen. Den häufig geäußerten Wunsch ausländischer Quiltkünstler/innen und die zunehmende Globalisierung berücksichtigend, entschlossen sich die Organisatoren zu einer europaweiten Öffnung desWettbewerbs. Trotz der zahlreichen internationalen Quiltwettbewerbe wird dadurch eine Lücke geschlossen, indem der anspruchsvollen und künstlerischen Quiltkunstszene Europas zukünftig im Dreijahresrhythmus ein kontinuierliches Forum geboten werden soll, das frei von jeder Themenvorgabe sein wird. Die Europäische Quilt-Triennale erweitert durch diese Kontinuität und die Auslobung von drei Preisen die 1997 begonnene Ausstellungsserie der European Art Quilts, die inhaltlich ähnliche Zielsetzungen verfolgt, deren Fortbestehen auf Dauer aber nicht gewährleistet ist. Ganz bewußt wird das Textilmuseum Max Berk auch zukünftig den Wettbewerb auf Europa beschränken, um die Eigenständigkeit der europäischen Quiltkunst-Szene, die sich vor allem in ihrer verhalteneren Farbigkeit und einer abstrakteren Formensprache von derjenigen der USA und Japans unterscheidet, hervorzuheben. International ausgeschriebene Wettbewerbe wie Quilt National, Visions, Hands All Around oder Quilt Nihon existieren darüber hinaus zur Genüge. Anfängliche Befürchtungen, den Wettbewerb der I. Europäischen Quilt –Triennale in den osteuropäischen Staaten nicht ausreichend publik machen zu können, haben sich dank der Unterstützung durch ETN - European Textile Network nicht bestätigt: Mit 457 Einsendungen aus 24 Nationen war das Ergebnis sehr erfreulich und das Potential für eine qualitativ anspruchsvolle Ausstellung gegeben. Mit großem Verantwortungsgefühl wählte die 7-köpfige Jury aus namhaften Fachleuten (Helene Blum- Spicker M.A., Museumsdirektorin Kreismuseum Zons; Prof. Hanns Herpich, Künstler und Professor für Textilkunst, Nürnberg; Olga Prins Lukowski, Quiltkünstlerin; Ursula Rauch, freischaffende Künstlerin, Weingarten; Prof. Dorothea Reese- Heim, Textilkünstlel;n und Professorin für Textilkunst, München / Paderborn; Dr. Kristine Scherer, Kuratorin, Textilmuseum Max Berk; Dorle Stern Straeter, Quiltkünstlerin und -dozentin, München) 46 Arbeiten aus 14 Nationen aus und erkannte die drei Preise in Höhe von € (EURO) 1.500,- , € 1000,- und € 500,- zu.

Ungefähr ein Drittel der ausgewählten Künstlerinnen war bereits an der Ausstellung der European Art Quilts beteiligt. Dies ist mit Sicherheit nur zu einem ganz geringen Prozentsatz auf die Mitwirkung von Olga Prins-Lukowski als Jurymitglied zurückzuführen; vielmehr belegen diese Übereinstimmungen, daß innerhalb der äußerst populären Quiltbewegung nur eine kleine Gruppe von Quiltern künstlerische Werke herstellt. Ein Großteil dieser Quilter hat eine professionelle künstlerische Ausbildung erfahren, wie im Fall der I. Europäischen Quilt- Triennale ca. 40% der Teilnehmerinnen. Manche der Künstlerinnen haben sich auch bei Wettbewerben anderer Textilkunstgattungen hervorgetan, wie Z.B. der Biennale Internationale de Ja DenteIle von Brüssel, der International Triennial of Tapestry von Lodz, dem Anchor-Förderpreis für modernes Stickdesign aus Europa oder dem Wettbewerb The Art ofthe Stitch u.a. Dies schlägt sich bei der I. Europäischen Quilt- Triennale u.a. in der Anwendung anderer Techniken nieder; dennoch präsentiert sich die Ausstellung als homogene Einheit, die der Definition als Quilt- Wettbewerb Rechnung trägt. Dies soll auch in Zukunft trotz oder gerade wegen der zunehmend aufweichenden Grenzen zwischen den verschiedenen Textilkunstgattungen so bleiben, um den Wettbewerb nicht dem drohenden Identitätsverlust und der damit, wie im Fall der Biennale von Lausanne, einhergehenden Auflösung auszuliefern.

Trotz dieser Einschränkung ist eines der Anliegen der Europäischen Quilt- Triennale der innovative Umgang mit dem traditionellen Medium des Patchwork/Quilts. Weitere experimentelle Vorstösse, die sich bei dem aktuellen Wettbewerb auch in der Anwendungen komplizierter Drucktechniken un in der Abweichung vom Dogma des rechtwinkligen Formates niedergeschlagen haben, wären begrüssenswert. Vielleicht spornt diese Forderung vor allem auch die jungen Künstler/innen an, die derzeit noch in der Minderzahl sind.

Mit dem Blick nach vorn gewandt, soll die 1. Europäische Quilt-Triennale deren Preise anlässlich der Eröffnung am 27. Februar verliehen werden, aber auch einen Rückblick auf die vergangenen sieben Quilt-Biennalen ermöglichen. Daher wird eine Sonderschau mit Arbeiten aller künstlerisch tätigen Juroren die Ausstellung ergänzen.

Kristine Scherer
Zur Autorin: Dr. Kristine Scherer ist Kuratorin im Textilmuseum Max Berk.
© TEXTILFORUM 1/2000