2010 - 4. International Textilkunst Triennale Riga, Lettland
Tradition & Innovation
Global Intrigue 2, Exhibition hall Arsenals of the Latvian National Art Museum, Riga, Latvia
DIE AUSTELLUNG , GLOBAL INTRIGUE 2' IN RIGA
© Textilforum 2/2010 Dr. Kristine Scherer, Kuratorin, Textilsammlung Max Berk/Kurpfälzisches Museum Heidelberg und Jurorin der 4. Internationalen Textilkunst- Triennale Riga
Die 4. Internationale Textilkunst-Triennale ist vom 9.7. bis 5.9.2010 in der Kunsthalle Arsenals Riga (Torna iela, LV-1050) zu sehen.
Am 5. und 6. März fand in Riga die Jurierung der 4. Triennale statt, die erneut unter dem Motto "Global Intrigue" steht. Die Beteiligung an diesem vierten Wettbewerb war sehr rege, im Vergleich zu den vergangenen Triennalen aber leicht rückläufig. Dies ist möglicherweise der weltweiten Finanzkrise zuzuschreiben. Plausibler scheinen aber die zeitliche Nähe zu der Fiberart International 2010 in Pittsburgh/ USA sowie der 6. Internationalen Fiberart Biennale Beijing und damit entstandene Überschneidungen der Einsendetermine zu sein.
192 Einsendungen aus 37 Ländern mussten von der internationalen fünfköpfigen Jury gesichtet werden. Nach intensiver Arbeit war eine Auswahl von 68 Werke aus 23 Nationen getroffen, die in der großzügigen Ausstellungshalle Arsenals ausreichend Entfaltungsmöglichkeiten haben werden.
Als Kuratorin, die sich schon lange mit Textilien befasst, war mir die bedeutende Textiltradition der baltischen und nordeuropäischen Länder natürlich bewusst. Dennoch war ich über die außerordentlich hohe Teilnahme aus diesen Ländern überrascht. Die Gruppe der Bewerber aus Lettland war mit 32 die größte. Und da wiederholt sich ein Phänomen, das auch bei anderen Wettbewerben festzustellen ist: Die Nationalität der ausschreibenden Organisation schlägt sich oft in den prozentualen Verhältnissen der Bewerbungen nieder. Kann es sein, dass trotz der Globalisierung manche Informationen nicht weit genug gestreut werden? Trifft auch hier das Thema der Ausstellung "Global Intrigue" zu?
Ebenso erstaunlich war für mich das andere Extrem der nationalen Verteilung: Mit nur einer Bewerbung verhalten sich die Künstler aus Polen, der Wiege der modernen Textilkunst in den 60er Jahren, heute sehr zurückhaltend und scheinen ihre eigenen Veranstaltungen wie die Tapisserie-Triennale von Lodz und deren Begleitausstellungen zu bevorzugen.
Die Bewerbungen zeichneten sich durch eine große Vielfalt der künstlerischen Mittel und eine hohe Qualität aus. Überraschenderweise nahmen Tapisserien (Gobelins, Jacquardgewebe) dabei eine wichtige Rolle ein, was sich auch in der Ausstellung niederschlägt.
Mit neun Videoinstallationen, von denen fünf einjuriert wurden, hält nun auch diese Technik in der Textilkunst Einzug.
Weitere Auffälligkeiten kristallisierten sich bei Sichtung der Bewerbungen heraus. So stehen extrem viele großformatige Arbeiten einer kleinen Zahl miniaturartiger Werke gegenüber; mittlere Formate sind eher die Ausnahme. Damit scheinen viele Künstler erkannt zu haben, dass Monumentalität notwendig ist, um die Textilkunst von dem Image der ,kleinen Handarbeitsdeckchen' zu befreien. Dazu sind ebenso dreidimensionale TextilInstallationen geeignet, die in der Ausstellung gleichermaßen stark vertreten sind.
Viele eingereichte Werke wiesen Charakteristika von Spitze auf, und ich meine in dieser Tendenz zu erkennen, dass einige Künstler auf der Suche nach einem Ersatz für die inzwischen eingestellte Internationale Biennale der Spitze sind.
Das gestellte Thema "Global Intrigue 2" hatte zur Folge, dass sich viele Werke mit dem Thema Umwelt und Klimawandel befassten, aber auch mit den verschiedenen Facetten des Menschseins an sich. Und so findet sich in der Ausstellung auch eine kleine Gruppe figürlicher oder anthropomorpher Konzepte.
Kunst darf und kann nicht nur gefällig sein, und so wählte die Jury bewusst einige eindringliche Werke aus, die sich u.a. mit dem Thema Brustamputation, Folter und Tod befassen, Themen, die die Menschen weltweit beschäftigen. Kunst soll aber auch zum Mitmachen einladen, und so sind in der Ausstellung drei interaktive Objekte vertreten, an deren Entstehung bzw. Demontierung die Besucher mitwirken können.
Eine spannende Ausstellung lohnt den Weg nach Riga.
Dr. Kristine Scherer, Kuratorin, Textilsammlung Max Berk/Kurpfälzisches Museum Heidelberg und Jurorin der 4. Internationalen Textilkunst- Triennale Riga